Patchwork ist nicht nur auf dem Sofa individuell. Beziehungen sind heutzutage bunter als noch vor wenigen Jahrzehnten. Immer häufiger gehen Partner, die gemeinsame Kinder haben, getrennte Wege. Nicht selten finden sie neue Lebensgefährten, die ebenfalls Kinder aus einer früheren Beziehung mitbringen. Gegebenenfalls wird das Patchwork noch durch weitere, gemeinsame Kinder bereichert. So aufregend diese Beziehungsgeflechte sind, so komplex sind die Herausforderungen für die Beteiligten, gerade in puncto Nachlassplanung.
„Die“ Patchwork-Familie gibt es nicht. Vielmehr gibt es die unterschiedlichsten Familienkonstellationen und auch die Gestaltungswünsche sind in jedem Einzelfall verschieden. „Dabei ergeben sich schon in vermeintlich einfachen Fällen knifflige Aufgaben für die Beteiligten – und für ihre rechtlichen Berater!“, sagt Dr. Florian Meininghaus, Geschäftsführer der Landesnotarkammer Bayern. Ein simples Beispiel soll dies verdeutlichen: Der Ehemann hat einen Sohn mit in die neue Ehe gebracht, die Ehefrau zwei Töchter. Die Ehegatten wünschen sich, dass beim Tod des einen Ehegatten der andere Ehegatte das gesamte Vermögen erhält. Wenn auch der zweite Ehegatte stirbt, sollen die Kinder zu jeweils einem Drittel erben.
Ein Testament oder Erbvertrag ist hier unumgänglich, denn ohne letztwillige Regelung würde dieses Ziel verfehlt: Nach der gesetzlichen Erbfolge erben beim Tod des erstversterbenden Ehegatten nicht nur der überlebende Ehegatte, sondern daneben auch die Abkömmlinge des Erstversterbenden (beim Tod des Ehemannes also der Sohn, beim Tod der Ehefrau deren beiden Töchter). Die Ehegatten können zwar abweichende Verfügungen treffen und etwa bestimmen, dass beim Tod des Erstversterbenden der Überlebende alleine erbt und beim Tod des Zweitversterbenden die Kinder zu je einem Drittel bedacht sind. Doch führt auch das nicht notwendigerweise zum Ziel. Denn wenn zunächst die Ehefrau und danach der Ehemann versterben, könnte der Sohn das Erbe ausschlagen und sein gesetzliches Pflichtteilsrecht nach seinem Vater geltend machen, welches in diesem Fall wertmäßig die Hälfte des Nachlasses erfasst. Der Sohn erhielte also mehr als seine Stiefschwestern, denen beim Tod des Ehemannes kein Pflichtteilsrecht zustünde, da sie rechtlich nicht dessen Abkömmlinge sind. Der Sohn könnte somit – abhängig von der zufälligen Reihenfolge des Versterbens – die Nachlassplanung der Eltern durchkreuzen.
Um die Risiken einzudämmen, kann man mit Pflichtteilsverzichten und Abänderungsvorbehalten arbeiten. Noch komplizierter wird die Gestaltung, wenn die Ehegatten nicht nur eine ungleiche Anzahl an Kindern in die Ehe mitbringen, sondern auch ihr Vermögen ungleich verteilt ist, namentlich weil nur ein Ehegatte Immobilieneigentümer ist. Hier muss gegebenenfalls schon zu Lebzeiten Vermögen zwischen den Ehegatten übertragen werden.
„Da es in Patchwork-Konstellationen viele Fallstricke gibt und die Gestaltung stark vom Einzelfall abhängt, sollten Sie professionelle Hilfe bei der Nachlassplanung nicht scheuen“, hält Dr. Meininghaus als Fazit fest. „Die Gebühren des Notars sind gesetzlich vorgegeben und richten sich gerade nicht nach der Komplexität der Regelung.“